Erstes PSNV Treffen mit Vertretern aus fünf Landkreisen

4. August 2025

Realistische Übungen für den Ernstfall – Netzwerktreffen ein voller Erfolg

Trostberg. Sichtlich zufrieden berichten der Traunsteiner Kreisfeuerwehrarzt Holger Hübner und der Hauptorganisator Josef Grundl im Nachgang einer geglückten Premierenveranstaltung der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV), die kürzlich in Trostberg durchgeführt wurde. Nachdem sich bereits im vergangenen Jahr Vertreter aus den Landkreisen Traunstein und Rosenheim in Bernau zu einem gemeinsamen Ausbildungstag zusammengefunden hatten, wurde heuer das vom Kreisfeuerwehrverband Traunstein organsierte Treffen mit Teilnehmern aus fünf Landkreisen durchgeführt.

Rund 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf, Rosenheim und Traunstein fanden sich erstmals in dieser Konstellation im Feuerwehrhaus Trostberg ein, um gemeinsam einen Übungstag zu verbringen, sich kennenzulernen und in den fachlichen Austausch zu gehen. „Von diesem großen Interesse war ich wirklich schwer beeindruckt“, betonte Holger Hübner und ergänzt, „am Ende waren wir uns einig, dieses Vernetzungstreffen hat die Psychosoziale Notfallversorgung im südostbayerischen Raum einen großen Schritt nach vorne gebracht“.

Schwierige Themen im Fokus

Am Vormittag stand zunächst die Theorie im Mittelpunkt. Dabei wurden besonders belastende Einsatzszenarien besprochen, mit denen Einsatzkräfte in ihrer Arbeit konfrontiert werden können. Zu den Themen gehörten unter anderem der Tod eines Kindes, die Selbsttötung einer Kameradin, Vermisstensuchen mit tragischem Ausgang, verunfallte Feuerwehrfahrzeuge sowie die Rolle von PSNV-PEERs im Hilfeleistungskontingent.

„Die Vorträge waren emotional fordernd, aber notwendig, um auf mögliche Einsätze besser vorbereitet zu sein und das Verständnis für psychische Belastungen im Einsatz zu schärfen“, reflektiert der heimische Kreisfeuerwehrarzt und Fachbereichsleiter. In mehreren Kleingruppen haben die Teilnehmer die Themenstellungen diskutiert und aufbereitet. Anschließend wurden sie dem Fachplenum im Lehrsaal präsentiert und unter den Fachleuten diskutiert.

Nach einer gemeinsamen Mittagspause ging es „optimal gestärkt“ in den Praxisteil des Tages. In zwei realistisch inszenierten Szenarien konnten die Teilnehmenden ihr Wissen anwenden. Im ersten Szenario kam es zu einem schwereren Verkehrsunfall zwischen zwei Fahrzeugen. Eine Person verstarb noch an der Unfallstelle, zwei weitere Verletzte waren bereits vom Rettungsdienst abtransportiert worden. „Wir wissen das genau in dieser Phase des Wartens die Retter häufig Zeit zum Nachdenken haben und dabei immer wieder Zweifel am eigenen Handeln aufkommen“, informiert Josef Grundl.

Dabei schlüpften die Teilnehmer sowohl in die Rolle der „Geschädigten“ oder der „Retter“. Sie wurden aber auch als Mitglied der Psychosozialen Notfallversorgung eingesetzt und wurden damit in die Rolle der „Ersthelfer für die Seele“ der Einsatzkräfte gesteckt. „Unsere Szenarien wurden von den Übenden sehr gelobt“, freut sich der Trostberger PSNV-Helfer und ergänzt, „die Übenden haben immer wieder von eigenen Erfahrungen berichtet und betont, dass genau diese Szenarien tagtäglich vorkommen können“.

Das zweite Szenario brachte eine zusätzliche Eskalationsstufe mit sich. Während der Absperrmaßnahmen für den vorherigen Unfall raste ein weiteres Fahrzeug in die Unfallstelle. Dabei wurde ein junger Feuerwehrmann so schwer verletzt, dass er zunächst vor Ort reanimiert wurde aber dennoch noch an der Einsatzstelle verstarb. „Eine Ausnahmesituation – emotional wie organisatorisch“, betont Josef Grundl, der sich im Helferinterventionsteam der Feuerwehren im Landkreis Traunstein engagiert und den Übungstag mitgestaltet hat.

Allein wenn man von einem derartigen Ereignis liest, verschlägt es jemanden vielleicht die Sprache und man trauert still mit den Unfallopfern. Ist man tatsächlich in dieser Situation mit involviert, so ist das nochmal ein ganz andere Ebene der persönlichen psychologischen Belastung. Dazu sind dann die Helferinnen und Helfer dieser Einheiten da, um eine erste Anlaufstelle für die Helfer zu bilden.

Wenn das Unsichtbare zur Herausforderung wird

Die Psychosoziale Notfallversorgung übernahm in beiden Szenarien eine zentrale Rolle. Die PEERs und PSNV-Kräfte betreuten betroffene Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, klärten über den Zustand der Verletzten auf und nahmen Einsatzleitern und Teammitgliedern die sich aufdrängenden Selbstvorwürfe. Auch organisationsinterne Konflikte, die in belastenden Einsätzen oft aufbrechen, wurden aufgefangen.

Zudem achteten die PSNV-Kräfte auf das Verhalten von Schaulustigen, leisteten emotionalen Beistand und klärten über Möglichkeiten der langfristigen Unterstützung auf. Noch am gleichen Tag wurde eine Nachbesprechung für alle Beteiligten organisiert, außerdem eine mögliche Folgebesprechung zu einem späteren Zeitpunkt angeboten. Ziel war es, nicht nur während des Einsatzes, sondern auch in den Tagen danach Stabilität und Sicherheit zu geben.

Die Trainingseinheiten waren mit ihren Emotionen und den absolut realitätsnahen Herangehensweisen der Helfer kaum mehr von echten Einsätzen zu unterscheiden. „Alle Akteure sind hochprofessionell und mit einer Ernsthaftigkeit an die Übungen herangegangen“, betont Holger Hübner und zeigt sich im selben Augenblick von dem enormen Fachwissen der Ehrenamtler schwer beeindruckt.

Das PSNV Netzwerktreffen soll sich etablieren

„Es war ein großer Gewinn für uns aber auch für die gesamte Region“, freuten sich die beiden Hauptverantwortlichen bei der Abschlussrunde des Netzwerktreffens. Alle Akteure waren sich am Ende einig, diese „Premierenveranstaltung“ soll sich zukünftig etablieren und das PSNV-Netzwerk in Südostoberbayern weiter ausgebaut werden. Ein weiteres Treffen im kommenden Jahr ist bereits in der Planung. Hier haben sich die PSNV-Helfer aus dem Landkreis Berchtesgadener Land bereiterklärt, die Gastgeberrolle zu übernehmen.

Dies zeigen auch die vielen positiven Rückmeldungen der Teilnehmer aller Landkreise. Viele lobten nicht nur die realitätsnahe Darstellung und die offene Atmosphäre, sondern auch den wertvollen Austausch zwischen den Landkreisen. „Solche überregionalen Trainings stärken nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch das Miteinander in schwierigen Situationen“, so die Einschätzung des Traunsteiner Kreisfeuerwehrarztes, der auch einen Dank an die Feuerwehr Trostberg für die Unterstützung und das Bereitstellen der Räumlichkeiten richtete. 

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Text und Bilder: Hubert Hobmaier, Anita Mußner; Kreisfeuerwehrverband Traunstein